Nutzung von Teilen des ehemaligen
Bundeswehr-Standortübungsplatzes Ebern
für Offroad-Zwecke.
Verfahrensablauf:
23.12.2005
Unabhängig vom laufenden Bebauungsplan-Verfahren wurde ein gesondertes Genehmigungsverfahren nach dem Bundes-Immissionsschutz-Gesetz (BimSchG) für die geplante Offroad-Nutzung von Teilen des Übungsplatzes vom Grundstückseigentümer (Gebb) gestartet.
13.02.2006
BN Haßberge
äußert in einem Brief an den Landrat Bedenken gegen die Genehmigung für den Offroad-Betrieb
23.02.2006
Pressemitteilung des BN Haßberge und BN Ebern mit sachlicher Begründung der Bedenken gegen die Offroad-Nutzung und Ankündigung eines NSG-Antrages
06.03.2006 erneute Pressemitteilung des BN
Der Bund Naturschutz will mit dieser weiteren Pressemitteilung klarstellen, dass er nicht gegen die Interessen der Stadt
Ebern arbeitet!
Durch gravierende Änderungen im derzeit laufenden Genehmigungsverfahren gegenüber den bisher bekannten
Planungen, sieht es der BN als seine Pflicht als Naturschutzverband an, Bedenken zu äußern. Diese Bedenken berühren nicht die Nutzungen innerhalb der umzäunten ehemaligen Kaserne und des unmittelbaren Umfeldes,
wie zum Beispiel die Einrichtung eines Fahrsicherheitszentrums.
Der BN setzt sich weiterhin für eine naturverträgliche Nachnutzung aller militärischen Liegenschaften in
Ebern ein!
16.06.2006
Landratsamt erteilt Bescheid über befristete Genehmigung für Offroad-Nutzung nach dem BImSchG (Bundesimmissionsschutzgesetz)
20.07.2006
BN Landesverband erhebt Klage gegen die Genehmigung für Offroad-Nutzung und bietet einen Kompromissvorschlag an
21.07.2006
Klagen mehrerer Anwohner
vor allem aus Lärmschutzgründen gegen den Genehmigungsbescheid des LRA HAS vom 16.06.2006 für Offroad-Nutzung
(diese Klagen haben aufschiebende Wirkung, d.h. der Genehmigungsbescheid darf nicht vollzogen werden, so
dass keine Veranstaltungen stattfinden dürfen!)
28.08.2006
BN-LV an Stadt Ebern
„Ergänzende Stellungnahme im Rahmen der frühzeitigen Beteiligung der Träger öffentlicher Belange“ zum Bebauungsplan
30.08.2006
LRA HAS ordnet die sofortige Vollziehung des Bescheides an
(die aufschiebende Wirkung der Klagen ist damit aufgehoben)
19.09.2006
Anwohner beantragen beim Verwaltungsgericht Würzburg
die aufschiebende Wirkung ihrer Klagen wieder herzustellen (um die Globetrotterveranstaltung zu verhindern)
22.09.2006
Verwaltungsgericht Würzburg weist die Anträge der Anwohner in einem Eilverfahren ab
(damit kann der Bescheid wieder vollzogen werden und Veranstaltungen stattfinden)
28.09.2006
8. Änderung des Flächennutzungsplanes (Scopingtermin
in der Rathaushalle)
10.10.2006
Gebb antwortet BN
12.10.2006
Stadtrat billigt
- 8. Änd. Flächennutzungsplan
- Entwurf des Bebauungsplans
13.10.2006
Bekanntmachung in NP und FT
öffentliche Auslegung:
- 8. Änd. Flächennutzungsplan
- Entwurf des Bebauungsplans
23.10.-23.11.2006
02.11.2006
Verwaltungsgericht Würzburg lehnt die Anträge auf
Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung mit Beschluss ab (damit kann der Bescheid weiterhin vollzogen werden und Veranstaltungen stattfinden)
23.11.2006
Stellungnahme BN
zum Bebauungsplan und zur Änderung des Flächennutzungsplans
18.12.2006
Besichtigung der Liegenschaften durch Interessenten Harald Zorn
mit Genehmigung der Gebb
19.12.2006
Gebb lehnt Herausgabe von Plänen ab
22.02.2007
Runder Tisch Bundeswehrkonversion Ebern
11.04.2007
Verteidigungsministerium antwortet auf MdB-Anfrage
22.05.2007
Verwaltungsgericht Würzburg lehnt die zulässigen Klagen von Anwohnern als nicht begründet ab
22.05.2007
Verwaltungsgericht Würzburg hat mit Zwischenurteil entschieden, dass die
Verbandsklage des BN zulässig ist
01.06.2007
BN Landesverband stellt beim Gericht Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden
Wirkung nach § 80 der VerwGO
02.07.2007
LRA Hassberge legt gegen das Urteil vom 22.05.2007 Berufung beim Bayerischen
Verwaltungsgerichtshof in München ein
11.07.2007
Gebb legt als Beigeladene ebenfalls gegen das Urteil vom 22.05.2007 Berufung ein
25.07.2007
Verwaltungsgericht Würzburg stellt die aufschiebende Wirkung der Klage des BN wieder her
(BN hatte einen sogenannten Eilantrag gestellt)
Damit kann das Offroad-Gelände bis zu einer Entscheidung über die Klage nicht genutzt werden!
Auszug aus der Begründung des Beschlusses vom 25. Juli 2007:
Bayerisches Verwaltungsgericht Würzburg
...........................
III.
Der zulässige Antrag ist begründet.
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 20. Juli 2006 ist entfallen, weil das
Landratsamt Haßberge mit Bescheid vom 30. August 2006 auf Antrag der Beigeladenen die sofortige Vollziehung der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung vom 16. Juni 2006 angeordnet hat. In diesem
Fall kann das Gericht nach § 80 a Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 3 i.V.m. § 80 Abs. 5 VwGO die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfes wieder herstellen. Es prüft, ob die formellen Voraussetzungen für die
Anordnung der sofortigen Vollziehung gegeben sind. Im Übrigen trifft es eine eigene Ermessensentscheidung anhand der in § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO normierten Kriterien. Hierbei
sind die Erfolgsaussichten der Hauptsache von maßgeblicher Bedeutung.
...........................
Die Erfolgsaussichten der in der Hauptsache erhobenen Klage sind zur Überzeugung der
Kammer zumindest als offen anzusehen.
1.
Die erhobene Klage ist zulässig. ............................
2.
Nach Einschätzung der Kammer wird die Klage – ihre Zulässigkeit unterstellt – voraussichtlich
Erfolg haben. .....
Nach Art. 13 c Abs. 2 BayNatSchG sind Projekte, die einzelne oder im Zusammenwirken mit anderen
Projekten oder Plänen Gebiete von gemeinschaftlicher Bedeutung oder Europäische Vogelschutzgebiete in den für ihren Schutzzweck oder für ihre Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich
beeinträchtigen können, unzulässig. Bei der genehmigten Off-Road-Anlage handelt es sich um ein Projekt
i.S. von Art. 2 c BayNatSchG i.V.m. § 10 Abs. 1 Nr. 11 BNatSchG. Solange ein FFH-Gebiet noch nicht
nach dem einschlägigen Landesnaturschutzrecht zu einem Schutzgebiet erklärt worden ist, sind die Erhaltungsziele für das Gebiet der Gebietsmeldung zu entnehmen (BVerwG, U. v. 17.01.2007, NuR 2007,
336 = UPR 2007, 706).
Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (U.v. 07.09.2004, Rs. C-127/02, Waddenzee,
Slg. 2004, I-07405 Rdnr. 59) dürfen die nationalen Behörden ein Projekt nur dann genehmigen, wenn sie Gewissheit darüber erlangt haben, dass es sich nicht nachteilig auf das Gebiet auswirkt. Dies ist dann
der Fall, wenn aus wissenschaftlicher Sicht kein vernünftiger Zweifel daran besteht, dass es keine solchen Auswirkungen gibt.
Durch die Errichtung bzw. den Betrieb der Off-Road-Anlage kann es zu wesentlichen
Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebietes kommen. Dies hat die vom Landratsamt durchgeführte Verträglichkeitsprüfung ergeben. ......
Trotz der vom Landratsamt in der angefochtenen Genehmigung angeordneten Ausgleichsmaßnahmen
kann nicht zweifelsfrei ausgeschlossen werden, dass es zu erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele des FFH-Gebietes kommt. Wie das Landratsamt in seinem Bescheid ausführt, bestehen
hinsichtlich der tatsächlichen Auswirkungen bzw. der Wirksamkeit der Ersatzmaßnahmen zumindest für die Gelbbauchunken erhebliche Unsicherheiten. Weil deshalb davon auszugehen ist, dass das Projekt
„Off-Road-Anlage“ das FFH-Gebiet in den für seinen Schutzzweck und für seine Erhaltungsziele maßgeblichen Bestandteilen erheblich beeinträchtigen kann, ist es gemäß Art. 13 c Abs. 2 BayNatSchG
grundsätzlich unzulässig.
Nach Art. 49 a Abs. 2 BayNatSchG darf von den Verboten des Art. 13 c Abs. 2 eine Befreiung
unbeschadet des Art. 49 nur erteilt werden, wenn das Vorhaben aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses die Befreiung erfordert. Zu den Gründen des öffentlichen
Interesses zählen auch solche sozialer oder wirtschaftlicher Art. Mit dem Begriff „erfordert“ ist gemeint,
dass zumutbare Alternativen, den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle oder ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen zu erreichen, nicht vorhanden sein dürfen. .......
Lässt sich das Planungsziel an einem nach dem Schutzkonzept der FFH-Richtlinie günstigeren Standort
oder mit geringerer Eingriffsintensität verwirklichen, so muss der Projektträger von dieser Möglichkeit Gebrauch machen. Ein irgendwie gearteter Gestaltungsspielraum wird ihm nicht eingeräumt. Schon
aufgrund seines Ausnahmecharakters begründet Art. 6 Abs. 4 FFH-Richtlinie ein strikt beachtliches Vermeidungsgebot, ......
Bei der Alternativenprüfung sind Standort- und Ausführungsalternativen zu berücksichtigen
. Die Alternative kann darin bestehen, dass sie den mit dem Projekt verfolgten Zweck an anderer Stelle oder mit geringerer Beeinträchtigung insbesondere auch ohne Beeinträchtigung
gemeinschaftlichsrechtlich geschützter Gebiete oder Erhaltungsziele erreicht. Dementsprechend muss im Falle des Vorhandenseins einer das jeweilige FFH-Gebiet nicht beeinträchtigenden Variante diese,
anderenfalls jede andere Alternative gewählt werden, die mit geringeren Beeinträchtigungen einhergeht. Diese weit reichende Forderung erfährt ihre Begrenzung erst unter dem mit dem Begriff der
„Zumutbarkeit“ angesprochenen Aspekt der Verhältnismäßigkeit. Die gebotenen Vermeidungsanstrengungen dürfen „nicht außerhalb jedes vernünftigen Verhältnisses zu dem mit dem
damit erzielbaren Gewinn für Natur und Landschaft stehen (BVerwG U. v. 27.01.2000, BVerwGE 110,302 = BayVBl. 2000, 501). ....
Die Alternativenprüfung unterliegt nicht der Abwägung. Sind zumutbare Alternativen vorhanden, so
ist das Vorhaben unzulässig. Die Alternativenprüfung ist damit der Prüfung, ob etwaige Befreiungsgründe vorliegen, vorgelagert. Der Projektträger muss von zumutbaren Alternativen Gebrauch
machen, ein Ermessen besteht nicht, da es sich um ein strikt beachtliches Vermeidungsgebot handelt.
Eine Maßnahme (Alternative) ist mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht (mehr) vereinbar, wenn
sie die Grenzen dessen überschreitet, was zur Erfüllung der mit der gemeinschaftlichen Regelung (Ausweisung als FFH-Gebiet) verfolgten Ziele weder angemessen noch erforderlich ist. Finanzielle
Erwägungen und höhere Kosten können zur Unverhältnismäßigkeit führen, wenn der Gewinn für die Natur unbedeutend ist oder jedenfalls in keinem vernünftigen Verhältnis steht. Richtschnur hierfür sind die
Schwere der Gebietsbeeinträchtigung, Anzahl und Bedeutung betroffener Lebensraumtypen oder Arten sowie der Grad der Unvereinbarkeit mit den Erhaltungszielen ....
Unter Berücksichtigung dieser strengen Anforderungen erscheint es der Kammer zweifelhaft,
ob das Vorhaben „Off-Road-Anlage“ an genau diesem Standort tatsächlich alternativlos ist.
Was für die Anlage bzw. den Betrieb der Off-Road-Anlage an dieser Stelle spricht, ist das tatsächliche
Vorhandensein eines infolge der früheren Nutzung als (Panzer-) Übungsgelände modellierten Geländes. Es kann aber nicht davon ausgegangen werden, dass sich die Nutzung des ehemaligen
Bundeswehr-Übungsgeländes als Off-Road-Anlage geradezu aufdrängt.
Nach den Antragsunterlagen erscheint zweifelhaft, ob hier eine echte Alternativenprüfung
durch die Projektträgerin vorgenommen wurde. Erst auf Anforderung des Landratsamtes wurde mitgeteilt, dass „intern“ andere Alternativen geprüft worden seien. Ansonsten wurden nur
Argumente dafür aufgeführt, warum nur der von der Beigeladenen beantragte Standort für die Off-Road-Anlage in Betracht komme. Dass ansonsten andere schwere Eingriffe in den Naturhaushalt erforderlich
würden, wird pauschal behauptet. Es wurde aber nicht geprüft, ob diese Eingriffe die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes nicht weniger beeinträchtigen als die tatsächlich geplanten. Auch wenn die vorhandene
Infrastruktur der Kaserne (Gebäude, Aufenthalts- und Seminarräume, Toiletten etc.) mit genutzt werden soll, erscheint es fraglich, ob eine Verwirklichung einer Off-Road-Anlage an anderer Stelle des insgesamt
290 ha großen Areals nicht umweltverträglicher, insbesondere ohne erhebliche Eingriffe in die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes hergestellt werden könnte. Allein die angesprochenen
Kostengesichtspunkte, d.h. dass für die (erstmalige) Errichtung einer Off-Road-Anlage Kosten anfallen würden, die bei Nutzung des bereits vorhandenen Geländes erspart werden, kann für die Frage, ob es
Alternativen gibt, nicht ausschlaggebend sein. Im Übrigen erscheinen die von der Antragstellerin hierfür angegebenen Kosten von 500.000 EUR weit überhöht. Schließlich müssten
hauptsächlich Geländemodellierungen erfolgen.
Unabhängig davon hegt die Kammer aber auch Zweifel, ob überhaupt Gründe des überwiegenden
öffentlichen Interesses vorliegen und ob diese „zwingend“ sind, um die Befreiung nach Art. 49 a Abs. 2 Satz 1 und 2 BayNatSchG zu rechtfertigen. Die Befreiung setzt Gründe des öffentlichen Interesses
voraus. Damit ist zugleich klargestellt, dass für Projekte, die ausschließlich privaten Interessen dienen, keine Befreiung in Anspruch genommen werden kann.
.................
Vorhaben privater Träger können auf Basis der Ausnahmevorschrift nur zugelassen werden, wenn
zugleich hinreichend gewichtige öffentliche Belange ihre Realisierung erfordern. Dies kann etwa anzunehmen sein bei privaten Anlagen der Abfallentsorgung, die einen Beitrag zur Verwirklichung des im
Interesse des Gemeinwohls gelegenen Ziels einer geordneten und schadlosen Beseitigung von Abfällen erbringen. Auch ein bedarfsgerechter Bau und Ausbau von Verkehrsflughäfen liegt im öffentlichen
Interesse, unabhängig davon, ob ein Flughafen privat oder öffentlich betrieben wird. Im Urteil vom 28. Juni 2005, (NVwZ 2006, 230) hat der Hessische Verwaltungsgerichtshof als Gründe des öffentlichen
Interesses die Erhaltung und Schaffung von Arbeitsplätzen bejaht. Allerdings bereitet diese Voraussetzung Schwierigkeiten, wenn Vorhaben in Rede stehen, die der Verwirklichung
privatwirtschaftlicher Zielsetzungen dienen, mit denen sich aber zugleich die Erwartung der Schaffung von Arbeitsplätzen oder die Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur verbindet. Mögen hier auch
öffentliche Interessen sozialer bzw. wirtschaftlicher Art in Rede stehen, ist die Arbeitsplatzbeschaffung
bzw. die Verbesserung der Wirtschaftskraft doch nicht der eigentliche Zweck des Projekts, sondern meist nur eine mehr oder weniger gesichert eintretende Folge der Projekt-Realisierung. Solche wirtschaftlichen
Allgemeinbelange, die sich beinahe regelmäßig mit der Ansiedlung von Gewerbe- oder Industrieunternehmen verbinden und sich daher typischerweise für solche Vorhaben ins Feld führen
lassen, können für sich betrachtet aber schon deshalb nicht genügen, weil Art. 49 a Abs. 2 Satz 1 BayNatSchG allein „zwingenden Gründen“ des öffentlichen Interesses die Fähigkeit zugesteht, das
zugunsten von Natura 2000-Gebieten begründete Schutzregime zu durchbrechen. Davon wird aber vor dem Hintergrund der einschlägigen Judikatur des Bundesverwaltungsgerichts (U. v. 27.1.2000 a.a.O.)
wohl nur gesprochen werden können, wenn sich in Anbetracht der Gegebenheiten des Einzelfalles die Realisierung wirtschaftlicher Belange des gemeinen Wohls als einer der wesentlichen Hauptzwecke des
Vorhabens und nicht bloß als begleitender Nebenzweck erweist.
Das Adjektiv „zwingend“ verstärkt das Gewicht, das den Gründen des überwiegenden öffentlichen
Interesses zukommen muss. Es muss sich um ein wesentliches und besonders gewichtiges öffentliches Interesse handeln. Den öffentlichen Belangen muss ein Bedürfnis zugrunde liegen, das vernünftigerweise
nur durch das Vorhaben realisiert werden kann. Es muss ein durch „Vernunft und Verantwortungsbewusstsein geleitetes staatliches Handeln“ vorliegen
Unter Berücksichtigung des Ausnahmecharakters der Befreiungsvorschrift, die eng auszulegen ist, hält es
die Kammer für zweifelhaft, ob für die Zulassung des konkreten Projektes „Off-Road-Anlage“ solche zwingenden überwiegenden öffentlichen Interessen vorliegen. Zum einen handelt es sich um ein privates
Projekt, das derzeit und vor Verwirklichung der durch die Bebauungsplanung angestrebten Nutzung ausschließlich der Freizeitnutzung eines eingeschränkten Personenkreises dient. Durch das Off-Road
-Projekt selbst scheinen keine nachhaltigen Arbeitsplätze geschaffen zu werden, zumal es sich wohl meist um die Nutzung der Anlage durch externe Anbieter handelt. Auch wenn die Off-Road-Nutzung als erstes
Modul einer späteren Nutzung des Gesamtgeländes im Wege der Konversion bezeichnet wird, zeichnet sich eine konkrete spätere Nutzung des Gesamtareals nicht ab. Der Bebauungsplan ist noch im
Aufstellungsstadium. Offenbar steht auch kein Investor „vor der Tür“, was sich auch an der schleppenden Bearbeitung des Bebauungsplan-Entwurfes zeigt. Die Ansiedlung und nachhaltige Schaffung von 150 bis 180 Arbeitsplätzen durch eine (welche ? ) Nachfolgenutzung ist deshalb nicht mehr als eine Hoffnung. Hinsichtlich der möglichen Ansiedlung eines Fahrsicherheitszentrums für
Berufskraftfahrer stellt sich z.B. die Frage, weshalb diese ausgerechnet auf ein „Off-Road-Training“ im Gelände angewiesen sein sollten, wo doch von ihnen im Regelfall ein Reagieren in Gefahrensituationen
auf befestigten Flächen, nämlich Straßen und Autobahnen, erwartet wird. Deshalb ist die Kammer zum derzeitigen Zeitpunkt nicht davon überzeugt, dass zum einen zwingende Gründe des öffentlichen Wohls
vorliegen und zum anderen diese – was zusätzlich erforderlich wäre – das Interesse an dem Schutz eines Gebietes von gemeinschaftlicher Bedeutung überwiegen.
Bei allem Verständnis für die vorhandenen Strukturprobleme und die wirtschaftlichen Folgen durch den
Abzug der Bundeswehr und die Bemühungen für eine angestrebte Nachnutzung des Übungsgeländes darf nicht übersehen werden, dass Projekte und Pläne, die ein FFH-Gebiet beeinträchtigen, grundsätzlich
verboten sind. Bei der Befreiung von dem Verbot, die Erhaltungsziele zu beeinträchtigen handelt
es sich um eine absolute Ausnahme, die nur aus zwingenden Gründen des überwiegenden öffentlichen Interesses zulässig ist.
3.
Nachdem viele Gründe für die Begründetheit der Klage sprechen, war das (private
) Interesse der Betreiberin an einer sofortigen Ausnutzung ihrer Genehmigung sowie das öffentliche Interesse an einer
möglichen Schaffung von Arbeitsplätzen mit den vom Antragsteller geltend gemachten Belangen des Naturschutzes abzuwägen.
Eine erhebliche Beeinträchtigung der Erhaltungsziele des FFH-Gebietes kann trotz der
angeordneten Ausgleichsmaßnahmen und des Monitorings nicht ausgeschlossen werden. Die bisherigen Monitoring-Ergebnisse haben nur eine beschränkte Aussagekraft, weil bislang nur einzelne
Veranstaltungen durchgeführt wurden, der Betrieb im genehmigten Umfang aber noch nicht aufgenommen worden ist. Insbesondere hinsichtlich der Gelbbauchunken muss mit Tötung von Individuen
gerechnet werden. Ob sich diese Eingriffe ausgleichen lassen, ist zweifelhaft, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Gelbbauchunken Tümpel in neuen Fahrspuren aufsuchen. Die Beigeladene hat
hauptsächlich finanzielle Gründe und die Befristung der Genehmigung in die Waagschale geworfen. Die Ausnutzung einer noch nicht bestandskräftigen Genehmigung bietet für den Projektträger immer
wirtschaftliche Risiken. Dass der Antragsteller erst nach dem Zwischenurteil des Verwaltungsgerichts einen Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gestellt hat, ist nicht zu
beanstanden. Für einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz schreibt die VwGO keine Fristen vor. Durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung tritt die Folge ein, die normalerweise von
Gesetzes wegen (§ 80 Abs. 1 VwGO) Widerspruch und Anfechtungsklage zukommt. Andererseits hat die Beigeladene – außer den wohl erheblichen Planungskosten – für die Verwirklichung der genehmigten
Nutzung keine hohen Aufwendungen gehabt. Wegen des absoluten Ausnahmecharakters der Befreiung von den Verboten des Art. 13 c Abs. 2 BayNatSchG und der Gefahr der Beeinträchtigung der
Erhaltungsziele des FFH-Gebietes überwiegen die Belange des Naturschutzes die privaten Interessen der Beigeladenen sowie das Interesse der Stadt Ebern an einem Anreiz zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Nur durch die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung können möglicherweise
irreversible Folgen für die Erhaltungsziele des FFH-Gebietes sicher ausgeschlossen werden.
Ob und inwieweit eine Nichtnutzung der vorhandenen Geländeformationen dazu führen kann, dass sich
der günstige Erhaltungszustand der Gelbbauchunkenpopulation verschlechtern kann, und ob und inwieweit der Eigentümer verpflichtet ist oder verpflichtet werden kann, hier Maßnahmen zu ergreifen, war
im Rahmen dieses Verfahrens nicht zu prüfen. Es ist aber darauf hinzuweisen, dass zur Erhaltung geschützter Flächen meist Pflegemaßnahmen erforderlich sind. Jedenfalls kann der Nutzung eines
FFH-Gebietes für motorsportliche Veranstaltungen kaum der Charakter einer naturschutzfachliche Pflegemaßnahme zugesprochen werden.
.......................
gez.: Dr. Heermann Graf Dr. Wiedmann
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