Wo sich Glücksbringer einnisten
Erfassung unserer heimischen Bestände von Rauch- und Mehlschwalben
Im Volksglauben bringt die Schwalbe einem Haus, in dem sie nistet, Glück. Sie schützt es vor Feuer und Blitz. Doch die
Lebensbedingungen für Schwalben sind schwieriger geworden und die Bestände gehen zurück.
Der BUND Naturschutz Ebern startet deshalb ab dem Monat Juni 2020
wieder eine Schwalbenzählung – erfasst werden Mehl- und Rauchschwalben – zu der die Bevölkerung zur Mithilfe aufgerufen wird.
Ziel ist es, möglichst viele Ortschaften mit dem jeweiligen Schwalbenbestand zu erfassen. Dazu werden die besetzten Nester
der Mehlschwalben an den Hauswänden und der Rauchschwalben in den Ställen gezählt. Zwar können zehn Nester an einer
Hauswand hängen, aber manchmal sind nur wenige davon besetzt. Der BN freut sich über jede Meldung die eingeht,
besonders hilfreich wäre es, wenn ganze Ortschaften begangen werden. Informationen und Listen sind an den unteren Adressen erhältlich.
Mit den eingehenden neuen Meldungen besteht die Gelegenheit mit den alten Erfassungszahlen zu vergleichen. Dadurch kann
die Entwicklung der lokalen Schwalbenpopulation für die letzten 25 Jahre aufgezeigt werden. Die Schwalbenzählung im
Eberner Raum in den neunziger Jahren hatte bereits deutlich gemacht, wie sehr die Schwalben von äußeren Bedingungen abhängig sind.
Hatte in einer Ortschaft ein Landwirt die Milchwirtschaft aufgegeben, so war im darauffolgenden Jahr die Anzahl der
Rauchschwalben deutlich zurückgegangen. Wichtig ist der Zugang zu Ställen und anderen landwirtschaftlichen Gebäuden für
die Rauchschwalben, die im Innern von Gebäuden nisten. Hier stellt ein leicht geöffnetes Fenster schon eine Hilfe dar.
Die Naturschützer weisen in Gesprächen die Hausbesitzer darauf hin, dass unter Dachvorsprüngen keine
schwalbenabweisenden Silberpapierstreifen angebracht oder gar halbfertige Nester mit Stangen herabgestoßen werden
sollen. Die so "hinausgeworfenen" Schwalben werden dadurch in ihrem Brutgeschäft unterbrochen, müssen also nochmals, nun
verspätet, damit beginnen, und der Nachwuchs schlüpft entsprechend spät. Als Konsequenz sind die Jungen für den langen Flug ins Winterquartier nicht kräftig genug und überleben oft nicht.
So werden die Schwalben Opfer des gesteigerten Sauberkeitsbedürfnisses unserer Tage. Aber selbst dort, wo ihnen der
Nestbau nicht verwehrt wird, ist ihnen das Anheften ihrer Nester wegen der Glätte der neuen Außenputze oft nicht möglich. Oder
aber stürzen die Nester, wegen der schlechten Haftung, durch die auf die Häuser übertragenen Erschütterungen aus dem Straßenverkehr, oftmals sogar zusammen mit der Brut, wieder ab.
Vorbildlich nennt der BN das Verhalten der Hausbesitzer, die an ihren Hauswänden Nisthilfen anbringen und darunter
Kotbretter zur Vermeidung von Schmutz an der Hauswand und auf dem Boden. Wird gleichzeitig noch dafür gesorgt, dass in
feuchten Schlammlöchern Material für den Nestbau zur Verfügung steht, so ist die Hoffnung berechtigt, dass sich Schwalben
ansiedeln werden - besonders dann, wenn in der Nachbarschaft schon welche nisten, betont man beim Bund Naturschutz.
Fertige Kunstnester können spät eintreffenden Schwalben helfen, den entstandenen Zeitverlust wieder wettzumachen. Groß ist
die Freude vieler Naturliebhaber, wenn die Schwalbe, die als sogenannter "Kulturfolger" die Nähe des Menschen sucht und von
jeher als Glücksbringer gilt, "unter seinem Dach" eine neue Brutstätte gefunden hat.
Die Schwalbenzählung des BUND Naturschutz Ebern erfasst bis zu 30 Ortschaften im Eberner Raum. Interessenten, die
sich daran beteiligen wollen oder Fragen zum Schwalbenschutz haben, können sich in der Geschäftsstelle des BUND
Naturschutz Haßberge in Ebern am Stadtberg, bei Alexander Hippeli Tel.: 09531 5548 oder Kurt Langer Tel.: 09531 4131 melden. Über diese Adressen erhalten Sie Erfassungsbögen.
Der Erfassungsbogen für 2020 kann auch als PDF-Datei heruntergeladen werden. Vorderseite mit Eintragungsmöglichkeit
Rückseite mit Informationen
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Bericht aus dem Jahre 2010 zu unseren Schwalben
Schwalben
Neue Presse 21.08.2010
Ein Herz für Frühjahrsboten
Die schwarz-weißen Flugkünstler sind gerne gesehen. Aber mit den Kuh- und Schweineställen schwinden in den Dörfern auch die Schwalben.
Von Manfred Wagner
Römmelsdorf/Dürrnhof/Gemünd
- Auf dem Hof der Bauersleute Hedwig und Hermann Schmidt in Römmelsdorf scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Der vor etwa 50 Jahren gebaute Stall ist die Heimat von 20 Milchkühen - und 61 Rauchschwalben. So viele, sagt der
Landwirt mit leuchtenden Augen und stolzer Stimme, habe er frühmorgens auf dem Wasserleitungsrohr im Stall gezählt. "Bei uns gehören die Schwalben einfach zur Familie dazu", ergänzt seine Frau.
Früher waren die gefiederten Flugkünstler und ihre kunstvoll an Mauerecken oder Lampen klebenden Nester selbstverständlich. Ein
Viehstall ohne Schwalben war wie ein Dorf ohne Kirche. Aber mit den Kühen und Schweinen sind auch viele der Vögel aus den Siedlungen verschwunden.
Zahl der Tiere nimmt ab
Harald Amon, der Vorsitzende des Bund Naturschutz (BN) in Ebern, berichtet im Gespräch mit der Neuen Presse von einer aktuellen
Bestandserhebung im nördlichen Landkreis. Aufschlussreich ist der Vergleich zu den Zahlen, die 1995 ermittelt wurden: Bei den Rauchschwalben gibt es erhebliche, bei den Mehlschwalben leichte Rückgänge.
Der Naturschützer kennt die Gründe. "Die Rauchschwalbe", sagt der Experte, "nennt man auch Stallschwalbe." Ihre Brutplätze findet man fast
ausschließlich in Tierstallungen, hier machen sie mit den reichlich vorhandenen Fliegen fette Beute. Und wenn es draußen schon kälter ist,
"bleiben die Schwalben nachts gerne im Stall", hat Bauer Schmidt beobachtet.
Die Welt ist in Ordnung
Der Römmelsdorfer glaubt noch an das alte Sprichwort "Wo die Schwalbe nistet, da kein Unglück fristet." Wenn er sieht, wie seine Schwalben
miteinander zwitschern und streiten, ist für ihn die Welt in Ordnung. Als er bemerkte, dass sich Katzen an den offenen Fenstern auf die Lauer
legten und die junge Schwalben im Flug abfingen, schaffte er sich zwei Hunde an. Seitdem brauchen die Glücksbringer keine Katzenkrallen mehr zu fürchten.
Alle Jahre wieder wartet er im Frühjahr sehnsüchtig, dass seine Lieblinge von ihrer langen und gefahrvollen Reise aus Afrika zurückkommen.
"Jede steuert sofort ihr altes Nest wieder an", erzählt er gerührt. Aber wenn sie sich sammeln und südwärts fortfliegen, fließt schon mal eine
Träne, bekennt das gestandene Mannsbild. Bald ist es wieder soweit: "An Maria Geburt (8. September) fliegen die Schwalben furt", lautet eine bekannte Bauernregel.
Sein Sohn Hilmar bewirtschaftet einen Hof in Üschersdorf. Auch dort sind die Flieger willkommen. Die Schwiegertochter Andrea, Hilmars Frau
, erinnert sich, dass die munteren Vögel heuer im Frühjahr besonders fleißig waren. Sie pickten die Lehmerde, die ihr Mann von den
Traktorreifen kratzte, dankbar auf und zusammen mit Strohresten bauten sie unermüdlich ihre Nester.
Im Junior-Hof nistet die andere bei uns heimische Schwalbenart, die Mehlschwalbe. Sie trifft man noch häufiger an, weil ihre Nester nicht im
Gebäude, sondern stets im Freien unter Dachvorsprüngen oder Decken zu finden sind. Der bekannte Diplom-Biologe Jürgen Thein kennt sogar in Haßfurt am Tränkberg und in der Zwerchmaingasse Mehlschwalbennester.
Naturfreund Amon lobt etliche Hauseigentümer, die mit ihren "Untermietern" auf du und du leben. Roland Schelhorn und dessen
Lebensgefährtin Angelika Flad aus Dürrnhof gehören dazu. Der gebürtige Dürrnhofer bezeichnet sich selbst als Hobby-Ornithologe, der sich
schon als Junge für die Vogelwelt interessierte. Er duldet die Schwalben nicht nur, sondern greift ihnen kräftig unter die Flügel.
Robert Schelhorn aus Dürrnhof ist ein Vogelfreund. Seit Jahrzehnten baut er künstliche Nisthilfen aus Presskarton, Spanplattenstücken und Holzbeton
Künstliche Nisthilfen
Seit Jahrzehnten baut er künstliche Nisthilfen aus Presskarton, Spanplattenstücken und Holzbeton. Die befestigt er mittels Klammern unter
der offenen Decke des Nebenhauses. Wenn die Zugvögel weg sind, nimmt er die Brutstätten herunter und reinigt und desinfiziert sie. Im
zeitigen Frühjahr werden sie dann wieder anmontiert. Die Tiere liegen Schelhorn dermaßen am Herzen, dass er seine selbst gebauten, bewährten Nisthilfen an Interessierte zum Selbstkostenpreis abgibt.
Wer im Sommer richtig viele Schwalben auf einem Haufen sehen will, sollte mal beim Ehepaar Anni und Werner Häfner im Eberner Ortsteil
Gemünd vorbeischauen. Was sich in der offenen Einfahrt gegenüber ihrem Wohnhaus an der Scheunendecke abspielt, ist einmalig. Eine Kolonie von über 80 Mehlschwalbenpaaren zieht hier den Nachwuchs groß.
So schön das Vogelgezwitscher anzuhören ist - der herab fallende Kot verursacht "eine ziemliche Sauerei", gesteht Frau Häfner. Selbstredend
sollte man kein Auto unter die Brutnester stellen. Sogar die Hauswand zieren unfeine Flecken. Darüber freut sich niemand, aber die Häfners
brächten es einfach nicht übers Herz, die Schwalben zu vertreiben oder deren Nester zu zerstören. Was übrigens auch gesetzlich verboten wäre.
In manchen Fallen, rät Amon, hilft ein Kotbrett unter den Nestern gegen übermäßige Verschmutzung. "Die Schwalben waren hier, sie sind
hier und sie bleiben hier", lautet das Schlusswort von Werner Häfner zu dem Thema.
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